Renault PR 180-2

18-Meter-Akkordeon für die Stadt

Der Renault PR 180-2 der Verkehrsbetriebe Transport Urbain de Reims (TUR) steht hier an vertrauter Stelle vor dem Kathedrale der Stadt

Stadt Reims

Frühmorgens an einem Sonntag im April wirkt die Stadt Reims fast menschenleer. Ideal, um mit einem 37 Jahre alten Renault-Stadtbus durch die Innenstadt zu fahren, Fotos an den Sehenswürdigkeiten zu machen und den begeisterten Erzählungen des Fahrers Cyril Regnier zu lauschen.

Das Lenkrad ist noch das gleiche wie beim allerersten PR 100, nur das Berliet-Logo ist verschwunden.

Cyril strahlt vor Stolz, als er von „seinem“ Bus erzählt.

Prototypen

In den frühen 1960er Jahren verlor Berliet mit dem PCM-Stadtbus, der nach den Standards der Régie autonome des transports parisiens (RATP) entwickelt worden war, sowohl in kommerzieller als auch in technischer Hinsicht gegen SAVIEM. Der große Gewinner war der SAVIEM SC10, der Ende der 1960er Jahre der am weitesten verbreitete Stadtbus in Frankreich wurde. Dieser Bus hatte sowohl einen Fahrer als auch einen Schaffner.

Berliet ließ sich nicht entmutigen und begann mit der Entwicklung eines neuen Stadtbustyps mit nur einem Fahrer. Die ersten beiden Prototypen wurden 1970 gebaut, vier weitere folgten als Demonstrationsfahrzeuge. Die offizielle Präsentation fand im Mai 1971 anlässlich der 20. Buswoche in Monaco statt.

Beim Rangieren muss der Fahrer auf den großen Wendekreis seines Fahrzeugs achten.

Kantig Design

Der Bus hatte eine selbsttragende Konstruktion. Es gab Einstiegstüren an der Vorderachse und Ausstiegstüren an der Hinterachse. Der Motor befand sich im hinteren Überhang unter dem Boden. Das Design war sehr kantig. Auffällig war die um 11 Grad nach hinten geneigte Windschutzscheibe, die bereits 90 Zentimeter über dem Straßenniveau begann. Damit entsprach Berliet dem Wunsch nach besserer Sicht vom Fahrerplatz aus. Hinzu kamen zwei fast dreieckige Seitenfenster, die das „Andocken“ an Haltestellen erleichterten.

Facelift

Aus Kostengründen war die Heckscheibe identisch mit der Windschutzscheibe, jedoch spiegelverkehrt eingebaut. Auf der linken Seite der Front befand sich der Name Berliet mit dem entsprechenden Logo.

Inzwischen hatte Berliet den ursprünglichen Perkins-Diesel durch einen eigenen Motor ersetzt. Es gab auch eine Version mit Türen hinter der Hinterachse. Bei einer Länge von 11,36 Metern konnte der PR 100 bis zu 100 Fahrgäste befördern.

Anfang 1980 verschwand der Markenname Berliet vom PR 100 im Zuge der Eingliederung von Berliet und SAVIEM in Renault Véhicules Industriels; auf der Vorderseite erschien das bekannte Renault-Logo in der Mitte und der Renault-Name ganz links auf der Rückseite.

Im selben Jahr wurde eine zweite Variante ins Programm aufgenommen, der Renault PR 180, ein Gelenkbus mit einer Länge von 17,63 Metern. Beide Hinterachsen wurden angetrieben, wobei das Drehmoment des Renault (ex-Berliet) Dieselmotors gleichmäßig auf beide verteilt wurde.

Ende 1984 erhielt der Renault PR 100 ein Facelift, das einige Monate später auch beim PR 180 durchgeführt wurde. So entstanden der PR 100-2 und der PR 180-2. Gleichzeitig verließ die gesamte Baureihe das Werk mit einem neuen, leistungsstärkeren Motortyp.

Das Besondere im Innenraum ist die Lage des Drehpunktes.

Renault führte unter anderem auch Rechtslenker-Versionen des PR 100 und des PR 180 ein, die zum Beispiel in Australien verkauft wurden. Außerdem lieferte das Unternehmen eine Zeit lang den ER 100H und den PER 180, zwei Oberleitungsbusse.

Zu den Änderungen, die mit dem Facelift einhergingen, gehörten die neue, etwas höhere und weniger eckige Frontstoßstange und die tieferen Fenster in allen Türen. Außerdem wurde die Umrandung über der Windschutzscheibe, die die Linien- und Fahrtzielschilder enthält, abgerundet.

Sowohl der PR 180 als auch der PR 180-2 wurden zum Standard für Gelenkbusse in Frankreich. Insgesamt baute Renault 497 Einheiten des PR 180 und 1.169 Einheiten der zweiten Auflage.

Die letzte Weiterentwicklung dieser Busreihe erfolgte 1993 mit dem PR 112 und dem PR 118, für die Renault mit dem Karosseriebauer Safra aus Albi zusammenarbeitete. Die neu gestaltete Frontpartie erhielt die gewölbte Windschutzscheibe des Renault R312. Der modifizierte Motor erhielt einen gekühlten Turbolader, der die Leistung weiter steigerte.

Renault führte unter anderem auch Rechtslenker-Versionen des PR 100 und des PR 180 ein, die zum Beispiel in Australien verkauft wurden. Außerdem lieferte das Unternehmen eine Zeit lang den ER 100H und den PER 180, zwei Oberleitungsbusse. Erwähnenswert ist auch das gemeinsam mit Heuliez entwickelte Projekt Megabus. Ein Doppelgelenkbus mit einer Gesamtlänge von 24,38 Metern und Platz für 200 Fahrgäste.

Werkstatt

Am frühen Morgen treffen wir Cyril Regnier von Grand Reims Mobilités. Stolz erzählt er uns von dem Renault PR 180-2, der seit 2017 von der Association de Sauvegarde de Transport à Reims (Astur) betrieben wird. Der Bus wurde 1989 auf der Linie 701 in Betrieb genommen und hat inzwischen 770.000 Kilometer zurückgelegt. Derzeit ist er der einzige Bus der Sammlung, der regelmäßig eingesetzt wird, zum Beispiel bei der Einweihung neuer Buslinien im Rahmen von Feierlichkeiten.

Cyril: „Astur besteht aus einer kleinen Gruppe von Enthusiasten im Alter zwischen 22 und 40 Jahren. Mit sieben Leuten haben wir den Renault restauriert und halten den Bus am Laufen."

Cyril interessiert sich seit seiner Kindheit für Busse und kennt viele Modelle bis ins Detail. Er arbeitet in der Werkstatt der Verkehrsbetriebe von Reims und hat sechs Jahre lang intern den Beruf des Mechanikers erlernt.

„Dadurch habe ich jetzt das Wissen, um die Arbeiten am PR 180-2 durchzuführen. Wir haben uns zum Beispiel das Feder- und Bremssystem genau angeschaut. Beides funktioniert mit Luft. Beim Motor haben wir vor allem viele Schläuche für Luft und Öl ausgetauscht. Natürlich wurde der Motor auch generalüberholt und die Achsen und Naben unter die Lupe genommen. Wir wollten auch die Luftbehälter erneuern, aber es stellte sich heraus, dass die neuen Behälter nicht die richtigen Anschlüsse hatten. Wir testeten die alten und sie waren in Ordnung."

Von außen sind mehrere Renault-Logos zu sehen, ebenso der große Renault-Schriftzug auf der Motorhaube.

Sportarten

Cyril erzählt auch von den vielen Fenstern, die bei der Restaurierung vorsorglich entfernt wurden: „Wir wollten das Blech überprüfen, weil unter den Fenstergummis oft Wasser steht und Rost verursacht. Die Polsterung haben wir von einem Schrottbus. Der rote Stoff mit den gelben Figuren steht für alle Sportarten, die in Reims gespielt werden. Er wurde seit 2004 auf vielen Bussen verwendet."

Stolz ist er auch auf die "Pied de Poule"-Struktur der Decke, die Metroböden und die mit Teppichen verkleideten Wände. Diese wurden später vereinfacht.

Die Renaults fuhren in und um Reims. Von den PR 180 wurden 37 zwischen 1989 und 1993 in Betrieb genommen. Hinzu kommen fünf Exemplare des PR 118 und etwa 60 Renaults R312, die in einer überarbeiteten Version als Renault Agora weiterfuhren. Kurzum: Die Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Reims ist untrennbar mit den Bussen von Renault verbunden.

Astur hat seine ganze Aufmerksamkeit dem Motor gewidmet, der schräg im Heck des Busses untergebracht ist.

En détail…


Renault PR 180-2


Motor:

Typ MIPS 06.20.45, 6 Zylinder, Turbodiesel, Direkteinspritzung, Bohrung x Hub 120 x 145 mm, Hubraum 9,84 Liter. Leistung 240 (DIN) PS bei 2.100 U/min, Drehmoment 892 Nm (DIN) bei 1.100 U/min.

Getriebe:

Typ ZF 4 HP 500, Automatik mit 4 Vorwärts- und 1 Rückwärtsgang, Übersetzungen: 1. - 2,80, 2. - 1,84, 3. - 1,36, 4. - 1,00. Optional: 5 Gänge.

Radaufhängung:

Vorne zwei Schraubenfedern, unterstützt durch Luftbälge. In der Mitte und hinten zwei halbelliptische Blattfedern, die von vier Luftbälgen unterstützt werden.

Bremsen/Räder/Reifen:

Pneumatisch. Drei unabhängige Kreise. Bereifung: 11 R 22.5 XZA.K 146.

Leistung:

Höchstgeschwindigkeit 63 - 90 km/h je nach Endantrieb und Getriebe.

Abmessungen/Gewichte:

Länge 17,625 Meter, Breite 2,500 Meter, Höhe 2,885 Meter, Radstand 5,600/6,270 Meter. Spurweite vorne 2,067 Meter, hinten 1,868 Meter. Wendekreis 24 Meter (zwischen den Mauern). Gewicht: 14.120 kg. Tankinhalt 2x 180 Liter.