Auf der Suche nach einem Sechszylinder aus den 1930er Jahren reiste Joannes Collette aus Eersel nach Frankreich. Ein Salmson vielleicht, aber auch ein Hotchkiss, Delage oder Delahaye erwiesen sich als zu hoch gegriffen. Schließlich fand er in der Scheune eines Sammlers einen Renault Primastella von 1933, bei dessen anschließender Komplettrestaurierung er jede Schraube mindestens einmal in der Hand hatte.
Nein, das ist kein Scherz, der rot-schwarze Renault Primaquatre PG8 wurde exakt am 1. April 1933 in Billancourt produziert. So steht es auf einer Kopie des Produktionsbelegs von Joannes' Auto. Die rote Lackfarbe ist auf dem Beleg ebenso vermerkt wie der Name des ursprünglichen Käufers. Leider ist die Handschrift des Mannes am Ende der Produktionslinie nicht zu entziffern.
Joannes (Jahrgang 1946) entdeckte seinen 6-Zylinder-Renault in der Scheune eines Sammlers. Der Wagen war schwarz, aber als er einen Teil der Tür polieren wollte, kam darunter die ursprüngliche rote Farbe zum Vorschein. Also schwarz mit rot, und so sollte es bleiben.
Wir müssen ins Jahr 1980 zurückgehen, als Joannes mit seiner Frau, seinen Kindern und seinem Bruder nach Frankreich reiste, um ein Auto aus den 1930er Jahren für die Tour de France Auto zu suchen. Er hatte sich etwa 15 Adressen aus der Zeitschrift La Vie de l'Auto herausgesucht, um die Peugeot 302 und 402 zu besichtigen, aber auch weniger bekannte Marken wie Salmson, Hotchkiss, Delahaye und sogar Talbot Lago. „Zusammen mit meinem Bruder besuchte ich einen Gebrauchtwagenhändler in Bordeaux, der auch einige interessante Oldtimer im Angebot hatte. In seiner Sammlung befand sich ein unvollständiger Renault Primastella, und er riet uns, nach einem solchen 6-Zylinder-Renault zu suchen, unter anderem wegen des wunderbaren Sounds, den der 3-Liter-Motor erzeugt. Also erweiterten wir unsere Suche auf dieses Renault-Modell.”
Die Familie kam bis nach Castelsarassin, wo ein Herr Delbosc einige Autos aus seiner Sammlung verkaufte, weil er an der aufwendigen Restaurierung eines Horch arbeitete. „So kamen wir zu einem Renault Primastella PG8 aus dem Jahr 1933, den er einmal gefahren haben will. Seit er ihn gekauft hatte, hatte er ein paar Kleinigkeiten daran gemacht, aber das Auto war reif für eine Komplettrestaurierung. Nach dem Krieg war zum Beispiel der hintere Teil der Karosserie entfernt worden. Damals gab es für Lieferwagen Benzingutscheine, und so wurde in so manchem Auto die Säge angesetzt. Zum Glück blieb das abgetrennte Teil immer beim Auto“.
Foto: Der 3,2-Liter-6-Zylinder-Reihenmotor ist eine Augen- und Ohrenweide. Hier sieht man deutlich, dass Joannes extra Schläuche für die Koni-Heizung verlegt hat.
Als der Renault in den Niederlanden ankam, fuhr er direkt ins Wartezimmer. „Damals arbeitete ich gerade an der Restaurierung meines Panhard Dyna Veritas. Der eigentliche Start der Restaurierung des Primastella war erst 1987. Das Auto wurde bis auf das Chassis zerlegt. Der alte Lack wurde entfernt, es wurde viel gestrahlt, nicht nur die großen Teile, sondern bis zur kleinsten Schraube, die dann verzinkt wurde. Als ich mit dem Zusammenbau anfing, habe ich nur mit neuen, sauberen Teilen gearbeitet, und das ist sehr angenehm.”
Dennoch hatte Joannes einige Hürden zu überwinden. Einige Teile waren zu stark abgenutzt. Zum Beispiel das Kettenrad, das nicht mehr zu gebrauchen war. Der Spezialist Depanauto hatte zufällig noch einen Satz herumliegen. „Auch die Antriebswellen sahen schlecht aus. Ich fand noch eine Schwinge mit Antriebswelle. Doch das Glück währte nur kurz. Dass die Achsen dicker waren, war gut. Aber die Verzahnungen mussten stimmen. Die waren auch wieder unterschiedlich.“
Jedenfalls ging Joannes so energisch vor, dass er irgendwann das Fahrgestell mit einem hundertprozentig überholten Motor, Lenkung und Achsen voll fahrtüchtig hatte. In dieser Konfiguration fuhr er heimlich auf dem Fahrersitz herum, dem einzigen Möbelstück im Auto. Joannes: „Ich habe den Beifahrersitz und die Rückbank selbst gebaut und auch die Polsterung der Möbel und die Innenausstattung selbst gemacht. Ich kaufte mir eine Industrienähmaschine und legte los“.
Das Ambiente des Innenraums ist ganz auf der Höhe der Zeit. Eine Losange-Plakette um den Scheibenwischerschalter, das gab es noch nie! Joannes lächelt: „Das habe ich auch selbst gemacht.“
Nach dem Chassis kam die Karosserie an die Reihe. Eine wahnsinnige Arbeit. Das herausgesägte Teil war nicht schön wieder eingepasst worden und innen fehlte die Holzverkleidung. „Ich habe mir andere Autos und vor allem Renault aus dieser Zeit angesehen, um eine Vorstellung davon zu bekommen, was fehlte“, sagt er. “Bei einem Besuch im Pub Renault auf den Champs Elysées, wo sich das Museum im ersten Stock befindet, konnte ich viele Details des Achtzylinder-Nervasport fotografieren, der dort stand und eine ähnliche Karosserie hatte. So hat man wenigstens die nötigen Referenzen.”
Beim Kauf war das Vinyldach komplett verschwunden. Joannes versuchte zunächst, es mit Maschendraht auf der Holzkonstruktion originalgetreu wiederherzustellen. Doch damit war er nicht zufrieden. Schließlich entschied er sich für Sperrholzlatten, die für eine gleichmäßigere Wölbung und ein dichteres Endergebnis sorgten, nachdem das neue Vinyl angebracht und fertiggestellt war.
Das Auswuchten des Wagens bereitete Joannes einige Kopfschmerzen. „Es stellte sich zum Beispiel heraus, dass die Originalfelgen ein asymmetrisches Felgenhorn hatten. Das verursacht Probleme beim Auswuchten. Ab 85 km/h vibrierte das Auto enorm, das war die Ursache. Aber auch die Bremstrommeln hatten eine Unwucht von jeweils etwa 100 Gramm. Als ich die Räder nach der Reparatur am Auto neu auswuchtete, war das Problem gelöst“.
Der schöne rot-schwarze Primastella bestand 1993 seine Zulassungsprüfung bei der RDW. Von da an war er offiziell für den Straßenverkehr zugelassen. Dennoch gab es eine ganze Liste kleiner Mängel. Diese Liste musste vollständig abgearbeitet werden. In den vergangenen 30 Jahren hat Joannes rund 41.000 Kilometer damit zurückgelegt.
„Die erste lange Fahrt ging zur Rennstrecke von Montlhéry und nach Paris. Ich machte Fotos auf den Champs Elysées und hielt auch am Eiffelturm. Dort ließ sich ein Bus voller japanischer Damen, die gerade ausgestiegen waren, nacheinander mit dem Auto verewigen.“
Foto: Der Renault Primastella von Joannes in einem altmodischen Dekor.
Trotz kompletter Überholung des Motors inklusive Ventilen und Lagern erwies sich der Öldruck nach rund 5.000 Kilometern als zu niedrig, so dass die Lager erneut ausgetauscht werden mussten. Zu viel Spiel an der Ölpumpe war die Ursache. Doch damit nicht genug. Nach 30.000 km brach ein Nockenwellenrad, obwohl bei der Restaurierung ein neues eingebaut worden war. Jetzt ist ein maßgefertigtes aus Gusseisen drin.
Bei der zweiten Fahrt mit dem Primastella besuchte Joannes den Vorbesitzer in Castelsarrasin. Er ließ Delbosc eine Weile Probe fahren. "Plötzlich machte er eine scharfe Kurve mit beachtlicher Geschwindigkeit, woraufhin er mir ein Kompliment für die hervorragende Restaurierung machte.” Joannes fuhr noch zweimal nach Südfrankreich und besuchte Paris noch öfter. Außerdem nutzte er den schönen Renault das ganze Jahr über und nahm ihn sogar mit zur Arbeit.
Dass Mensch und Maschine perfekt zusammenpassen, zeigt sich, als wir von seinem Haus ins Zentrum von Eersel fahren, um nach geeigneten Fotomotiven zu suchen. Joannes lässt sich von Bodenwellen nicht abschrecken: „Meine Enkelkinder nennen ihn das Trampolin-Auto, so geschmeidig fährt er über unebene Straßen“.
Foto: Der Primastella hat ein beeindruckendes Armaturenbrett, das von einer Art-Deco-Einfassung umgeben ist. Vor allem nach dem richtigen Uhrwerk suchte Joannes lange.
Und der Ersatzteilverkäufer in Bordeaux hatte völlig recht, wie schön so ein Sechszylinder klingt. Vom Dreiganggetriebe sind der zweite und dritte Gang wie gewohnt synchronisiert. Der Motor läuft sehr gut und selbst auf unebenen Straßen gibt es keine Geräusche. Der stolze Besitzer verrät uns, dass der Auspuff noch original ist. Nur das Endrohr hat er ersetzt.
Das Armaturenbrett ist breit und beeindruckt vor allem durch seine fünf quadratischen und rechteckigen Uhren. Die sind übrigens nicht immer eckig, sondern oft auch einfach rund. Joannes hat eine Weile gebraucht, um die richtige Uhr zu finden. „Die wurden vor langer Zeit aus den Autos ausgebaut, um anderswo als Uhren zu dienen“, sagt er.
Im Motorraum zeigt er auf einen Thermostat, den er eingebaut hat, und auf ein T-Stück, das zu einer Koni-Heizung aus den 1950er Jahren führt. Ein Feature, das damals häufig verbaut wurde, denn Vorkriegsfahrzeuge hatten in der Regel keine Heizung.
Alle Details dieses Coach Sport sind großartig. Die lange Motorhaube, die kurze viersitzige Karosserie, der Kofferraum hinten. Verständlich, dass Joannes auch nach so langer Zeit noch nicht genug von seinem Renault hat. ‹›
Fotos: Der Stern Stella stand bei Renault in den 1930er Jahren für das Spitzenmodell in Sachen Motorisierung und Ausstattung. Der Stern fehlte und war nicht mehr zu bekommen. Dieses Exemplar aus dem Vorjahr dagegen schon, weshalb der Kühlerdeckel nach innen wandern musste.
En détail...
Renault Primastella Coach 1933 (PG8)
Motor:
Typ 370, 6 Zylinder in Reihe, Bohrung x Hub 75 x 120 mm, Hubraum 3.180 cm³, flüssigkeitsgekühlt mit Pumpe. Leistung 65 (SAE) PS, Steuerleistung 15 PS. Zündung über Batterie, Zündspule und Zündverteiler. Zenith Vergaser. Elektrische Anlage: 6 Volt, 150 Watt Lichtmaschine.
Getriebe:
Drei Vorwärtsgänge und ein Rückwärtsgang. Übersetzungen: 1 - 3,12, 2 - 1,81, 3 - 1,00. Höchstgeschwindigkeit 120 m/h. Serienmäßige Bereifung 160 x 400, Seilzugbremsen. Handbremse auf Hinterräder.
Abmessungen/Gewichte:
Länge 4.140 m, Breite 1.740 m, Höhe 1.730 m, Spurweite vorn 1.440 m/hinten 1.440 m, Radstand 2.89 m, Kraftstofftank 66 Liter. Gewicht 1.600 kg.