In den 1960er Jahren steigt die Nachfrage nach höherer Motorleistung in Europa nur leicht an. Als Renault Ende 1970 den neuen 98 auf den Markt bringt, ist er der erste Sechszylinder-Traktor nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Nachfrage bleibt bescheiden, aber die Konstruktion der Baureihe 90 ist ein Vorbote für mehr.
Fotos: Für einen Traktor der frühen 1970er Jahre hat der Renault 98 eine beachtliche Länge mit einer bemerkenswert langen Nase. Die Kabine ist geräumig. Die Bedienelemente für das Tracto-Steuergestänge befinden sich rechts vom Fahrer.
Wenn der Sechszylindermotor eines Traktors anspringt, erwartet man ein schwerfälliges Brummen. Doch der 5,1-Liter-Motor des Renault 98 klingt anders. Das liegt vor allem daran, dass der Motor luftgekühlt ist. Der dämpfende Flüssigkeitsmantel um die Zylinder fehlt.
Der Renault 98 kam 1970 auf den Markt und war das vorletzte Modell der 90er-Baureihe, die bis dahin aus den Modellen 92, 94 und 96 bestand. Der 92 ist ein Dreizylinder, während der 94 und der 96 mit einem Vierzylindermotor ausgestattet sind. Die lange Motorhaube ist dem Spitzenmodell 98 vorbehalten. Sie ist gut 22 Zentimeter länger als die des 96. Die M.W.M.-Motoren sind modular aufgebaut. So verfügt der 94er über den D325-4-Motor, während der 98er mit zwei Zylindern "beklebt" wird, wodurch der D325-6 entsteht. Die Motorleistung ist sauber auf 100 (SAE) PS aufgerundet, was vor über fünfzig Jahren beeindruckend war.
In der damaligen Broschüre lobt Renault nicht nur die Leistung des Traktors, sondern auch die Größe des Arbeitsplatzes für den Landwirt. Die serienmäßige Ausstattung mit Kabinenbelüftung, Heizung, Staufach, Zigarettenanzünder und Radioanschluss lässt sogar Parallelen zum Pkw erkennen.
Wird ein Anhänger mit hydraulischen Bremsen verwendet, wird diese Anlage mit den beiden hydraulischen Scheibenbremsen der Zugmaschine verbunden. Ein in das System integriertes Ventil sorgt dafür, dass die Bremsen des Anhängers etwas früher ansprechen als die des Zugfahrzeugs. Ein Renault Alleinstellungsmerkmal.
Das Basisgetriebe verfügt über vier Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Mit einem zusätzlichen Hebel können die Gänge für Acker und Straße gewählt werden, so dass insgesamt achtVorwärtsgänge zur Verfügung stehen. Die Differentialsperre wird mit einem Pedal betätigt und mit dem Bremspedal gelöst. Eine für die damalige Zeit übliche Funktion.
Die Zapfwelle dreht völlig unabhängig vom Motor mit zwei Geschwindigkeiten, 540 oder 940 U/min, die je nach Geschwindigkeit des Traktors variieren.
Das Exemplar von Anthony Durin wurde 1973 hergestellt, aber erst 1974 zugelassen. Er kaufte es 2014 mit einem defekten Motor. Der Vorbesitzer war ein Landwirt an der Côte d'Or, der den Traktor seit etwa 20 Jahren besaß.
Anthony suchte bewusst nach einem Renault 98, weil sein Vater früher einen besessen hatte. "Ich wollte unbedingt genau den gleichen Traktor haben, und mein jetziger erfüllt diese Anforderungen bis ins kleinste Detail", sagt er.
Wir gehen mit Anthony um den Traktor herum. Er weist uns zum Beispiel darauf hin, dass auf dem Kühlergrill ein Renault-Logo prangt und nicht die losen Buchstaben Renault auf der oberen Leiste. Der Kühlergrill ist oben mit zwei drehbaren Klammern befestigt, hinter denen sich eine Feder befindet, während er bei den ersten Versionen oben und unten verschraubt war. Auch die Platzierung des Hydraulikfilters unter dem Fahrerhaus ist ein Merkmal der letzten produzierten Exemplare. Der Tankdeckel, der sich etwa in der Mitte der Motorhaube befindet, ist relativ klein, während die Öffnung im Blech viel größer ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass frühere Modelle einen viel größeren Tankdeckel hatten. In diesem Fall wird der Zwischenraum mit einem Gummiring ausgefüllt.
Anthony weist auch auf die hohen Achsschenkel hin, die spezifisch für den 6-Zylinder sind und sich von den anderen Modellen der 90er Jahre unterscheiden. Einige Jahre lang waren die Scheinwerfer der Serie in Chrom eingefasst, aber dieser Hauch von Luxus verschwand bei den späteren Modellen, entsprechend der Einstellung der Serie 1 im Jahr 1973. Bei der Markteinführung hatte der 98er wie seine 4-Zylinder-Brüder eine einfache Trittstufe, aber spätere Modelle wie dieser von Anthony haben eine doppelte Trittstufe, um den Einstieg zu erleichtern. Und um es noch einfacher zu machen, fügte er eine dritte Stufe auf der linken Seite hinzu.
Schließlich hatten die letzten Exemplare des Jahrgangs 98 keine Öffnung in dem gerippten Bereich unter der Motorhaube auf der linken Seite. Diese war ursprünglich für die Lenkung notwendig, die im Laufe der Zeit so verändert wurde, dass diese Öffnung überflüssig wurde.
Bemerkenswert ist, dass Anthonys Renault 98 über intakte Türen in der Fahrerkabine verfügt und auch die Heckscheibe noch vorhanden ist, die oft nach vielen Jahren harter Arbeit zerstört oder früher entfernt und beim Verkauf in einer Ecke des Hofes liegen gelassen wurde. Auf den Fotos ist diese Heckscheibe übrigens nicht montiert.
Zwischen Juli und September 1969 brachte Renault die Modelle 92 (R7601), 94 (R7611) und 96 (R7631) auf den Markt, von denen 474, 2.095 bzw. 1.493 Exemplare gebaut wurden. Am seltensten ist der Sechszylinder Renault 98 (R7651) mit 489 Exemplaren. Der Industrietraktor Renault 91 lief im Juni 1970 erstmals vom Band und wurde nur 373 Mal gebaut. Die R-Nummer 7614 macht deutlich, dass es sich um eine Variante des Renault 94 handelt. Außerdem baut Renault zwischen Oktober 1970 und Oktober 1973 die Allrad-Modelle 496 (R7635) und 498 (R7655), von denen nur 123 bzw. 165 Exemplare gefertigt werden. Alles in allem ist ein Renault der Baureihe 90 mit insgesamt 5.212 Exemplaren also recht selten.
En détail...
Renault 98 (R7651)
Motor:
Typ MWM D325-6, 6 Zylinder in Reihe, luftgekühlt, Bohrung x Hub 95 x 120 mm, Hubraum 5.103 cm3. Leistung 100 (SAE) PS bei 2.350 U/min, Zapfwelle genormt, 540 und 940 U/min.
Getriebe:
4-Gang-Getriebe, 2 synchronisierte Gruppen, Geschwindigkeiten (km/h) Feld/Straße 1 - 2,17/8,1, 2 - 3,14/11,73, 3 - 4,35/16,23, 4 - 5,84/21,8, Rückwärtsgang - 3,07/11,46.
Bremsen: Hydraulisch betätigte Scheibenbremsen in geschlossenem Gehäuse, betätigt durch zwei kuppelbare Pedale. Hubwerk: Tracto-Control mit Zugkraftregelung über Unterlenker, Lageregelung, Mischregelung. Hubkraft 2.500 kg.
Abmessungen/Gewichte:
Länge 4,37 m, Breite 2,48 m, Höhe bis Lenkrad 1,88 m, Höhe bis Kabine 2,50 m, Radstand 2,54 m, Bodenfreiheit 0,53 m. Gewicht: 3.710 kg / 4.290 kg mit maximaler Ballastierung. Tankinhalt 70 Liter.