Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich Renault vor allem auf erschwingliche Autos für die breite Masse. Daher waren unter den Renault-Fahrern selten Prominente, aber es gab Ausnahmen, wie dieses Frégate Ondine Cabriolet von Ghia beweist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich Renault vor allem auf erschwingliche Autos für die breite Masse. Daher waren unter den Renault-Fahrern selten Prominente, aber es gab Ausnahmen, wie dieses Frégate Ondine Cabriolet von Ghia beweist.
Fotos: Artcurial & Xavier de Nombel
Im November 1950 stellte Renault den großen, viertürigen Frégate vor, doch zu diesem Zeitpunkt war das Auto noch nicht serienreif. Eine neue Gesetzgebung ab dem ersten Januar 1951 zwang die Régie, das Spitzenmodell viel früher als geplant zu präsentieren, und die tatsächliche Produktion und Auslieferung verzögerte sich daraufhin um fast ein Jahr. Bis 1960 produzierte Renault zwei Karosserievarianten, die viertürige Limousine und einen Kombi, je nach Ausführung Domaine oder Manoir genannt. Doch dabei blieb es nicht, denn verschiedene Karosseriebauer widmeten sich dem elegant gezeichneten Wagen. Letourneur et Marchand und Henri Chapron zum Beispiel waren bekannt für ihre Cabrio- und Coupé-Modelle, die auf den Boulevards und bei Concours d'Elegance sehr beliebt waren. Wunderschöne Kreationen, die dem Frégate das gewisse Extra an Exklusivität verliehen.
Dass auch Renault mit dem Gedanken spielte, weitere Karosserievarianten anzubieten, zeigte sich, als auf dem Pariser Autosalon 1953 ein Frégate Ondine Cabriolet auf dem Stand des Unternehmens ausgestellt wurde. Entworfen wurde es von Ghia, dem italienischen Designer, mit dem Renault seit langem eine enge Beziehung pflegte. Ghia nahm einen Frégate Amiral als Ausgangspunkt und entwarf dafür eine Cabrio-Karosserie aus Vollkunststoff. Das Basisfahrzeug wurde faktisch einfach vom Band genommen. Von der Ausstattung her wurde der Wagen in Billancourt auf ein höheres Niveau umgebaut. Das Interieur wurde mit schönem Leder bezogen, der Wagen hatte ein eigenes Ledergepäckset und war natürlich mit einem Radio ausgestattet.
Die glatte Karosserie dieses einzigartigen Exemplars war das Werk des künstlerischen Leiters von Ghia, Luigi Ségré. Das Publikum, das das Modell auf dem Pariser Automobilsalon zu Gesicht bekam, war begeistert, und als Konzept war der Frégate Ondine ein großer Erfolg. Doch wenn Renault das Auto wirklich in Serie bringen wollte, wäre der Preis so hoch, dass der potenzielle Käuferkreis sehr begrenzt wäre.
Dennoch gab Renault diese schöne Kreation nicht sofort auf, denn 1957 befanden sich in der Entwicklungsabteilung noch drei Prototypen in Polyester. Autos mit den Nummern 741, 742 und 743. Von den letzten beiden gibt es heute keine Spur mehr, auch nicht von dem 1953 in Paris ausgestellten Exemplar, und umfangreiche Recherchen haben nicht zur Geschichte dieses Trios geführt. So existiert nur noch das Cabriolet Nummer 741 mit der Fahrgestellnummer 2 434 085 und einem Motorschild mit der Seriennummer 8477. Laut den Unterlagen wurde der Wagen am 15. April 1957 an die Garage Rey ausgeliefert und dann wurde diese einzigartige Kreation am 20. Juni an einen Kunden in der Region Isère, südwestlich von Lyon, verkauft.
Danach war es lange Zeit ruhig, bis der Frégate im Januar 1968 in der gleichen Region wieder auftauchte. Der neue Besitzer war Marcel Giron, der sich damals daran erinnerte, dass der Wagen in den Jahren lange vor seinem Kauf von Edith Piaf benutzt wurde. Die dem Wagen beiliegende Historienakte enthielt eine Liste von fünf namentlich genannten Personen, die unabhängig voneinander bestätigten, dass die berühmte Sängerin den Wagen tatsächlich benutzte. Es war zu Werbezwecken, wahrscheinlich zwischen 1953 und Anfang 1957, denn das war damals nicht unüblich. Ein anderes Frégate Ondine Cabriolet wurde zum Beispiel Jacques Goddet, dem Direktor der Tour de France 1955, anvertraut, der den Wagen an der Spitze des Festzuges fuhr und von Millionen bejubelt wurde. Es ist also durchaus möglich, dass eine Berühmtheit wie Edith Piaf, die Cabriolets verehrte, dieses Modell, den Etudes 741, eine Zeit lang nutzen durfte.
Die Geschichte dieses Autos reicht von 1969 bis 2008. Der Frégate hatte nacheinander sechs verschiedene Besitzer, darunter das von Philippe Charbonneaux geführte Automobilmuseum in Reims. Dort blieb der Frégate Ondine bis 1992, ohne restauriert zu werden. 1993 unternahm der neue Besitzer M. Robardey eine hochwertige Restaurierung, die vier Jahre dauerte. Der nächste Besitzer kaufte das schöne Cabriolet im Juli 2008 und hat es immer gut gepflegt.
Da die Karosserie dieses Ondine Cabriolets völlig anders ist, werden erst nach dem Öffnen der Türen, der Motorhaube und des Kofferraumdeckels die bekannten Elemente des Frégate sichtbar. Das auffälligste Element ist das Armaturenbrett mit einer runden Uhr in der Mitte und zwei "Flügeln" mit zusätzlichen Instrumenten und Warnleuchten. Der gesamte Mittelteil des Armaturenbretts ist bekannt, ebenso das Lenkrad mit dem Schalthebel an der Lenksäule direkt dahinter. Unter der Motorhaube liegt nicht nur der bekannte Vierzylindermotor, sondern auch die inneren Flügel des serienmäßigen Frégate sind deutlich zu erkennen. Im Kofferraum ist die Karosserie ebenso vertraut.
Aus mehreren Gründen ist dies ein ganz besonderes Auto. Nicht nur wegen seiner Geschichte mit Edith Piaf, sondern auch, weil es sich um ein Auto eines sehr bekannten Karosseriebauers handelt, der die Karosserie komplett aus Polyester gefertigt hat. Deshalb hat dieser Renault seinen Platz auf den exklusivsten Ausstellungen verdient und kann auf den renommiertesten Concours d'Elegance besichtigt werden.
Auf der Rétromobile in Paris im Februar 2016 bot das Auktionshaus Artcurial diesen offenen Renault zur Versteigerung an. Die Vorverkaufsschätzung lag bei 80.000 bis 100.000 Euro und der Wagen wurde schließlich für 77.500 Euro inklusive Auktionsgebühren verkauft. Drei Jahre später wurde der gleiche Wagen vom gleichen Auktionshaus am gleichen Ort erneut zum Verkauf angeboten. Geschätzter Preis: wieder 80.000 bis 100.000 Euro. Aber der Wagen tauchte nicht in den Auktionsergebnissen auf, vielleicht hat der Besitzer seine Meinung vorher geändert.
En détail...
Renault Frégate Ondine 1953
Motor:
4 Zylinder OHV, Hubraum 1.996 ccm, Bohrung x Hub 85 x 88 mm, Verdichtungsverhältnis 6,6:1, Drehmoment 13,4 mkg bei 2.300 U/min, Drehzahl 4.200 U/min bei 130 km/h.
Getriebe:
Viergang vorwärts, Übersetzung 1 - 3,18, 2 - 1,72, 3 - 1,16, 4 - 0,84, Rückwärtsgang - 3,18. Schwinge: 7 x 34. Einzelradaufhängung mit vertikal in den Schraubenfedern montierten Stoßdämpfern. Anlage Bendix-Bremsen, hydraulisch (Lockheed), Doppelradbremszylinder an den Vorderrädern. Handbremse mechanisch an den Hinterrädern.
Abmessungen:
Spurweite 1.400 Meter, Radstand 2.800 Meter, Inhalt Ölwanne 4 Liter, Kühlsystem 10 Liter, Kraftstofftank 58 Liter.
Fahrleistungen:
250 Meter aus dem Stand in 17 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 130 km/h.
Kraftstoffverbrauch 10 Liter/100 km (bei einer Geschwindigkeit von 80-90 km/h).