Renault 5 LeCar

Die kleinsten Jungs der High School

Ein frühes und ein spätes Modell

Nordamerikaner fahren große Autos. Und doch versuchen europäische und japanische Marken regelmäßig, kompakte Modelle dort zu verkaufen. So brachte auch Renault in den siebziger Jahren auf der anderen Seite des Ozeans den R5 auf den Markt. Es folgte eine Namensänderung in “Le Car”. Losange vergleicht ein frühes und ein spätes Modell.

Herausforderung

Lange Zeit blieb der amerikanische Markt für Renault eine Herausforderung, die wenig Erfolg brachte. Nach einem guten Start mit der Dauphine bleibt die Marke auf Tausenden von unverkauften Autos sitzen. Renault fehlt ein gutes Händlernetz, die Finanzierungsgesellschaften haben zu viele Unsicherheiten über die Restwerte und das Auto ist nicht gut auf die amerikanischen Verhältnisse angepasst. In den sechziger und siebziger Jahren ist Renault in den Vereinigten Staaten und Kanada weiterhin mit einem bescheidenen Programm und daher nur mit geringen Verkaufszahlen vertreten. Einen Tiefpunkt stellt 1975 dar, als vom R12, R15 und R17 weniger als 5.500 Stück verkauft werden.

Paul Bocuse

Auch in Amerika greift die Ölkrise um sich: Die amerikanischen Marken sehen plötzlich einen Markt für Kompaktmodelle entstehen, weil die Kunden zu dieser Zeit vom sparsamen Honda Civic und vom Volkswagen Rabbit begeistert sind. Auch Renault sieht darin Chancen. Am 23. Oktober 1975 lanciert der Generaldirektor von Renault Inc., Georges Basilou, vor der amerikanischen Presse den amerikanisierten Renault 5. Weder Kosten noch Mühe wurden gespart. Die Journalisten bringen ihre Frauen und Kinder mit, und der berühmte französische Chefkoch Paul Bocuse wird eingeflogen, um die Gäste mit seinen kulinarischen Künsten zu verwöhnen.

Sealed beam

Renault enthüllt den amerikanischen R5, zu erkennen an den wesentlich größeren Stoßstangen mit umlaufenden Gummischutzleisten, einem völlig anderen Kühlergrill, großen runden Sealed Beam Scheinwerfern, Rädern ohne Abdeckkappen und einem Gummirahmen um die Türgriffe herum. Nicht zu vergessen die vier Reflektoren als Seitenmarkierungen. Im Innenraum Sitze mit integrierten Kopfstützen, die in Europa im R5 Automatique debütieren.

Cléon-Motor

Wie soll ein französischer Kleinwagen heißen, um Amerikaner in den Showroom zu locken? Man denkt zunächst an “Liberty”, aber es waren doch gerade die Amerikaner, die Frankreich befreit haben und nicht umgekehrt. Auch “Frog” fällt wegen der zweifelhaften Assoziationen aus. Übrig bleibt also nur noch Renault “Five”, der mit einer modifizierten 1972er Supercar-Kampagne beworben wird. Die Markteinführung in den Vereinigten Staaten erfolgt im Februar 1976. Renault bietet den Käufern zwei Varianten an, den TL und den GTL. Beide sind mit dem 1.289 ccm großen Cléon-Motor aus dem europäischen 5 TS (R1228) ausgestattet. Aufgrund strengerer Abgasnormen wurde die Leistung von 64 auf 58 PS reduziert. Der GTL hat die besten Erfolgsaussichten und kostet weniger als der Volkswagen Rabbit.

Canada

Die Ausstattung entspricht noch mehr den Bedürfnissen und Anforderungen in den Vereinigten Staaten: Modifikationen für das Fahren mit bleifreiem Benzin, Meilen- statt Kilometerzähler, beschichtete Windschutzscheibe, eine Warnleuchte, wenn der Schlüssel noch im Zündschloss steckt, und eine weitere einschließlich eines Signals, wenn die Sicherheitsgurte während der Fahrt nicht angelegt sind. Die Optionen beschränken sich auf getönte Scheiben, Heckscheibenwischer und ein Rolldach. Letzteres wird in den Werbekampagnen und in den Prospekten besonders hervorgehoben. Die großen amerikanischen Autozeitschriften loben den neuen R5 in Bezug auf den Kraftstoffverbrauch und den Komfort und kommen zu dem Schluss, dass der schale Nachgeschmack der Dauphine mit diesem Auto vollständig ausgemerzt wurde.

In Kanada ist der Ansatz etwas anders. Dort behält das Auto seinen europäischen Kühlergrill und die Scheinwerfer. Neben dem 1,3-Liter-GTL wird dem Kunden auch eine L-Version mit 782-cm³-Motor und Schalthebel auf dem Armaturenbrett angeboten. Der Wagen kann mit einer elektrischen Standheizung und einem stärkeren Heizsystem ausgestattet werden und wird vor der Auslieferung mit einem Korrosionsschutz versehen. Die Kotflügel sind zum besseren Schutz innen mit Kunststoff-Abschirmungen versehen.

Relaunch

Doch der Erfolg stellt sich nicht so schnell ein, nicht zuletzt, weil die ersten Einheiten erst sieben Monate nach Markteinführung ausgeliefert werden. Es wurde beschlossen, die Werbeagentur zu wechseln, und die Firma Marsteller erfand den Namen “Le Car”. Oder noch besser: “Le Car by Renault”, passend zu dem in Amerika immens populären französischen Parfüm Nr. 5 by Chanel. Der Renault 5 erhält einen kompletten Relaunch zur Einführung von Le Car – eine Kampagne, bei der alle Artikel durch das französische ”Le” ersetzt wurden.

Und so kommen wir zu dem gelben Le Car von 1979. Die einzige Version ist damals der GTL, der in einer Basic- und einer Deluxe-Ausführung erhältlich ist. Den Basic erkennt man an den Radkappen, die zum Teil in der Wagenfarbe lackiert sind. Zum Deluxe gehören neue Leichtmetallräder vom Typ Amil, die speziell für den amerikanischen Markt entwickelt wurden. Der Le Car wird mit einem Streifen mit entsprechendem Schriftzug auf den Türen geliefert. Renault gibt sogar allen Besitzern eines R5 die Möglichkeit, diesen Schriftzug kostenlos anbringen zu lassen. Die Streifen und der Schriftzug werden je nach Außenfarbe in schwarz, weiß oder rot geliefert. Die Farbe der Stoßstangen ist entweder Silbergrau oder Schwarz.

American Motors

Die Verkaufszahlen steigen moderat, als sich für Renault 1978 die Möglichkeit eröffnet, sich dem amerikanischen Hersteller AMC anzuschließen. Amerikas viertgrößte Marke suchte einen europäischen Partner zur Ergänzung ihres eigenen Programms und zur Aufbesserung ihrer Finanzen sowie einen Hersteller, der in der Lage war, das Modellprogramm von AMC zu erneuern. Am 31. März wird eine Absichtserklärung unterzeichnet. Ab der zweiten Jahreshälfte desselben Jahres wird der Renault Le Car bei allen AMC-Händlern in Nordamerika (einschließlich Kanada mit Ausnahme von Quebec) erhältlich sein. Damit erhält Renault auf einen Schlag 1.612 zusätzliche Vertragshändler.

Die Entwicklung des Renault Le Car setzt sich fort und geht mit einem ansehnlichen Wachstum der Verkaufszahlen einher, seit Renault/AMC die Allianz lanciert. Auch der amerikanische R5 erhält ein Facelift mit Veränderungen sowohl außen als auch im Interieur. Darüber hinaus bereitet Renault den 1,4 Liter aus dem 5 TX mit Einspritzung und für den Staat Kalifornien sogar mit Katalysator vor. Die Leistung bleibt mit nur 51 PS sehr bescheiden, während die Vergaserversion für Kanada 63 PS leistet. Die R-Nummer R1229 entspricht dem europäischen R5 Automatique und TX.

Im Januar 1981 wurde auch der fünftürige Le Car (R1399) für den amerikanischen Kunden verfügbar. Das Facelift umfasste rechteckige Scheinwerfer und einen neuen Kühlergrill, der mehr der europäischen Version entsprach. Die Form der Stoßfänger wurde geändert. Der Wagen bekommt das neue Armaturenbrett mit einer Reihe von spezifischen Anpassungen für den amerikanischen Markt. Der Unterschied muss gesucht werden und liegt vor allem in der amerikanischen Beschriftung und den zusätzlichen Kontrollleuchten.

Diese beiden Exemplare sind Eigentum von Vlad Delbert. Er ist ein Spezialist auf dem Gebiet der amerikanischen Renault und besitzt eine große Sammlung von einem Renault 10, verschiedenen Le Car, Alliance, Encore und Medaillon bis hin zu einem amerikanischen Alpine GT, von dem eine Vorserie von 21 Exemplaren hergestellt wurde.

Unterschiede

Leidenschaftlich erzählt er über seine beiden R5. Vlad: "Bemerkenswert sind nicht nur die Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Modell, sondern auch zwischen den beiden. Lass’ uns einmal um die Autos herumgehen. Sieh’dir die Öffnung für den Tankverschluss an. Sie ist beim Fünftürer von 1981 viel größer, und das liegt daran, dass damals in Amerika bereits Zapfpistolen mit einem Kragen eingeführt worden waren. Die Rücklichter des Gelben sind komplett rot, während sie beim Anderen orange und rot sind. Auffällig ist, dass die Verteilung dieser Farben nicht 50/50 wie bei der europäischen Version ist. Außerdem ist beim Fünftürer die Dichtung der Windschutzscheibe dicker. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Windschutzscheibe verklebt ist. Das war in Amerika eine Regel.”

Vlad hebt die Bodenmatte im grauen Auto an. Nicht nur, um den Ausschnitt für den Katalysator zu zeigen. "Die Matte ist viele Zentimeter dick, einschließlich einer beträchtlichen Isolierung und eines dicken Teppichs. Und siehe da, im Motorraum fehlt der Radschlüssel. Er ist im Kofferraum, zusammen mit dem Wagenheber hinten links".

Zwischen den Knöpfen links neben dem Kombiinstrument und dem Tachometer befindet sich ein spezielles Panel mit zusätzlichen Kontrollleuchten für die Alarmanlage, die Heckscheibenheizung und das Gebläse. Der Tachometer kann natürlich in Kilometern und Meilen abgelesen werden und es wird in Meilen gezählt. In dem silbergrauen Auto ist die Polsterung der europäischen 5 TL erkennbar. Die Kopfstützen der Phase I wurden durch verstellbare ersetzt.

In den Vereinigten Staaten wurde im Mai 1983 der Stecker gezogen und der Verkauf des Renault Le Car eingestellt. In Kanada blieb der Renault 5 noch für kurze Zeit als dreitüriger TL, GTL und Sport erhältlich.

En detail..


Renault Le Car 1978/1981

Technische Daten (R1228/R1399)


Motor:

4-Zylinder-Benziner, Bohrung x Hub 73 x 77 mm/76 x 77 mm, Hubraum 1.289 ccm/1.397 ccm. Leistung 60 PS/51-63 (SAE) PS bei 6.000 U/min, Drehmoment 70 Nm bei 3.500 U/min/71 Nm bei 3.000 U/min, Verdichtungsverhältnis 9,5:1/8,8:1. Elektrisches System 12 Volt, 50 Ampere Lichtmaschine, elektrisch, selbstregelnder Ventilator.

Getriebe:

Vier Vorwärts- und ein Rückwärtsgang, Endübersetzung 3,625. Reifen 145SR13.

Abmessungen/Gewichte:

Länge 3,619/3,621 Meter, Breite 1,525 Meter (ohne Spiegel), Höhe 1,402/1,398 Meter, Radstand 2,419 Meter. Bodenfreiheit 0,147/0,140 Meter. Wendekreis 9,74 m.

Gewicht: 825/845 kg, Gepäckvolumen: 270 bis 900 Liter. Tankinhalt 38 Liter.

Leistung: Höchstgeschwindigkeit 145 km/h, Kraftstoffverbrauch 1 auf 17,43/1 auf 17,00 [SP1] (Autobahndurchschnitt).