Der einzige und einzigartige 4 Rodéo
Foto: Eine Entwurfsskizze für den Renault 4 Rodéo von Robert Broyer.
Robert Broyer entwarf 1970 auf Drängen des Managements den Renault 4 Rodéo. Der Wagen wurde jedoch aus politischen Gründen nie in Produktion genommen. Dem gleichen Management wurde das Modell und die Produktion bei A.C.L. Auferlegt.
Foto: Der Vorschlag der SEAB für ein Kunstharzfahrzeug auf R4-Basis. Die Details des Mehari sind leicht zu erkennen.
Direktor De la Poype und Ingenieur Darpin von SEAB (Societé d'Etude et d'Application de Brevet) besuchten Bernard Hanon von Renault um 1966. Sie bauten ein Kunststoffauto auf einem Chassis des Renault 4. Hanon sah jedoch keine kommerziellen Möglichkeiten bei Renault und lehnt den Vorschlag ab. SEAB baute kurz darauf die gleiche Karosserie auf das Fahrgestell eines Citroën 2CV und der Méhari war geboren.
Der große Erfolg unmittelbar nach seiner Markteinführung im Mai 1968 lässt Hanon erkennen, dass er die falsche Entscheidung getroffen hat. Also will er doch einen Jeep-ähnlichen Wagen aus Kunststoff auf der Basis des Renault 4. Er bittet Yves Georges, den Leiter der Konstruktionsabteilung, ein solches Auto für ihn zu bauen. Aufgrund eines vollen Terminkalenders muss Georges diesen Auftrag ignorieren.
Stattdessen werden fünf Karosseriebauer gebeten, einen Vorschlag sowohl für das Design als auch für die Produktion zu machen. Es ist dann schon klar, dass Renault dieses Auto nicht selbst bauen wird. Unter anderem werden die belgische Firma Apal und die französische SEAB, A.C.L. (Atelier de Construction du Livradois) und Chappe & Gessalin gebeten, einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Geschäftsleitung von Renault lehnt die Angebote dieser Unternehmen entschieden ab. Jedes einzelne von ihnen entspricht nicht den Erwartungen.
Mit einem gewissen Druck von oben akzeptiert Yves Georges, dass ihre eigene Abteilung das Projekt aufgreift. Ein Team von zwölf Personen nimmt die Arbeit auf, darunter Louis Lepoix von Form Technic International (FTI) und Robert Broyer von Renault. Im Oktober 1969 zieht er die Grundlagen. Broyers Vorschlag wird ausgewählt und zu einem Modell im Massstab 1:1 ausgearbeitet. Er wurde am 12. Mai 1970 vorgestellt. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Méhari sollte die Produktion bei der SEAB stattfinden. Das Projekt wurde vollständig genehmigt und konnte zu einem Produktionsmodell weiterentwickelt werden.
Doch dann erfährt Robert Broyer eines Morgens auf dem Radiosender Europe 1, dass A.C.L. von Raoul Teilhol in Courpière mit der Produktion des Renault 4 Rodéo beginnen wird, denn so wird der Renault 4 Rodéo heißen. Und auch, dass der ursprüngliche Entwurf, den dieses Unternehmen zuvor Renault vorgelegt hatte, ausgewählt wurde. Das Management von Renault ist wütend, während Teilhol sich mit der Tatsache verteidigt, dass ein Journalist darüber berichtet hat. Renault leitet sofort rechtliche Schritte ein, um mit Teilhol fertig zu werden.
Doch dann klingelt das Telefon bei Pierre Dreyfus, dem Präsidenten von Renault. Giscard d'Estaing ist in der Leitung, damals noch Finanzminister. Der französische Staat ist Hauptaktionär von Renault und hat, wenn nötig, ein gebührendes Mitspracherecht. Der Minister zwingt Renault mehr oder weniger auf, den 4 Rodéo nicht nur in Teilhol zu produzieren, sondern auch das Design dieses Unternehmens unverändert in die Produktion zu übernehmen. Und so verschwand dieses erfrischende Design von Broyer.
Robert Broyer: "Im Design von Teilhols Renault 4 Rodéo war deutlich zu erkennen, dass die Firma Teilhol keinerlei Erfahrung im Bau von Kunststoffkarosserien hatte. Der Vorschlag war dem Stahl nachempfunden. Wenn man lange gerade Flächen in Kunststoff verwenden will, muss man diesen Flächen eine gewisse Wölbung geben, sonst bricht sie zusammen".
Teilhol erwies sich als ein hervorragendes und zuverlässiges Unternehmen als Vertragspartner. Das Programm musste um einen Renault 6 Rodéo mit dem 1,1-Liter-Motor aus der R6 TL erweitert werden. Broyer: "Ich berichtete Courpière an einem Montagmorgen mit Modelliermasse und den notwendigen Werkzeugen. Zwei Karosserien eines 4 Rodéo waren auf Ständen vorbereitet worden.
Das war mein Basismaterial, mit dem ich arbeiten konnte. Die Erwartungen waren hoch, da ich mangels eigener Designer ein neues Auto für A.C.L. entwerfen würde. Die beiden Karosserien standen auf einem Boden aus Sand. Ich hatte genug Ton dabei, um eine halbe Front zu modellieren, das ist alles. Wir beschlossen sofort, den Wagen identisch von der Windschutzscheibe bis zum Heck zu belassen und nur die Nase in Angriff zu nehmen. Ich modellierte die spezifische Front des 6 Rodéo. Am Freitagnachmittag konnte ich wieder nach Hause gehen, Arbeit erledigt!”
Aufgrund seiner schnellen Arbeitsweise und der großen Zufriedenheit mit seinem Talent wurde Robert Broyer später von Raoul Teilhol für die Gestaltung des 5 Rodéo hinzugezogen. Renault hat sich dabei kaum eingemischt. Auch andere Teilhol-Produkte, wie zum Beispiel Mopeds, flossen aus Broyers Feder. Ein Projekt, das zum 9 Rodéo führen sollte, wurde 1985 von Renault gestoppt.