Das Konzil (Dignitatis humanae 2f.) beruft sich außer auf die „wurzelhafte“ Würde der menschlichen Person auf ihr naturgegebenes Suchen nach dem Göttlichen: Jeder Mensch sei in der Ausübung seiner Religion, welche auch immer es sei, wirklich auf den wahren Gott hin orientiert, in wenn auch unbewusster Suche nach dem wahren Gott, „auf Gott geschaltet“, wenn man so will, und in dieser Eigenschaft habe er ein natürliches Recht darauf, in der Ausübung seines Kults respektiert zu werden.
Wenn also ein Buddhist vor dem Buddha-Götzenbild Räucherstäbchen verbrennt, begeht er nach der katholischen Theologie einen Akt des Götzendienstes, doch im Licht der vom II. Vatikanum entdeckten neuen Lehre drückt er „die höchste Anstrengung eines Menschen, Gott zu suchen“ (Johannes Paul II., Ansprache in der Generalaudienz vom 22. Okt. 1986) aus. Folglich hat diese religiöse Handlung ein Recht auf Respekt und dieser Mensch ein Recht darauf, nicht an ihr gehindert zu werden, ein Recht auf Religionsfreiheit.
Zunächst liegt ein offenkundiger Widerspruch in der Behauptung, alle den falschen Kulten hingegebenen Menschen seien von sich aus, natürlicherweise, Gott zugewendet. Ein irriger Kult kann von sich aus die Seelen nur von Gott abwenden, weil er sie auf einen Weg bringt, der von sich aus nicht zu Gott führt.
Man kann zugeben, dass innerhalb der falschen Religionen bestimmte Seelen zu Gott hin orientiert sein können, doch ist das der Fall, weil sie sich nicht an die Irrtümer ihrer Religion binden! Nicht durch ihre Religion wenden sie sich Gott zu, sondern trotz derselben! Folglich würde der Respekt, den man diesen Seelen schuldete, nicht implizieren, dass man diesen Respekt ihrer Religion schulde.
Auf jeden Fall bleiben Identität und Zahl solcher Seelen, die Gott durch seine Gnade an sich zu ziehen geruht, vollkommen verborgen und unbekannt. Es ist sicher nicht die größere Zahl. Ein Priester, der aus einem Land mit verschiedenen Religionen stammt, teilte mir einmal seine Erfahrung mit denen mit, die den häretischen Sekten angehören; er teilte mir mit, wie überrascht er war, wie sehr diese Personen gewöhnlich auf ihre Irrtümer versteift sind und wenig geneigt, die Hinweise zu prüfen, die ihnen ein Katholik vielleicht gibt, wenig gelehrig gegenüber dem Geist der Wahrheit . . .
Die Identität der in den anderen Religionen wirklich auf Gott hin orientierten Seelen bleibt also das Geheimnis Gottes und entgeht dem menschlichen Urteil. Es ist also unmöglich, darauf irgend ein natürliches oder bürgerliches Recht zu gründen. Das hieße die rechtliche Ordnung der Gesellschaft auf reinen gewagten, sogar willkürlichen Annahmen aufruhen zu lassen. Es hieße letzten Endes die Gesellschaftsordnung auf die Subjektivität jedes Einzelnen gründen und das Haus auf Sand bauen ... Ich füge noch hinzu: Mit den afrikanischen Religionen (Animismus, Islam) war ich in hinreichender Berührung, aber man kann dasselbe auch von der indischen Religion (Hinduismus) sagen und behaupten, dass man auch bei den Anhängern dieser Religion die beklagenswerten Folgen der Erbsünde feststellen muss, speziell die Verblendung des Verstandes und die abergläubische Furcht. Insofern ist eine Behauptung – wie das Vatikanum II sie erhebt – von einer auf natürliche Weise rechten Orientierung aller Menschen auf Gott hin total unrealistisch und die reine naturalistische Häresie! Gott befreie uns von den subjektivistischen und naturalistischen Irrtümern! Sie sind das unzweideutige Firmenzeichen des Liberalismus, der die Religionsfreiheit des II. Vatikanums inspiriert. Aber sie können zu nichts anderem führen als zu einem Chaos in der Gesellschaft, zu einer babylonischen Religionsverwirrung!