Am 30. Dezember 2020 verstarb im Alter von 95 Jahren, gestärkt mit den Sakramenten unserer heiligen Religion, der kanadische Priester Yves Normandin. Er war der Pionier der Tradition in seiner Heimat Kanada.
Von 1976 bis 1984 erhielt er von einem Ende des riesigen Landes bis zum anderen – a mari usque ad mare – in über 30 Kapellen und Messzentren
die Zelebration der überlieferten Liturgie aufrecht.
Wie kam dieser einfache Landpfarrer aus Quebec dazu, ein „Missionar der Straße“ zu werden? Ab dem Jahr 1973 widersetzte er sich den Neuerungen, die dem Klerus von den kanadischen Bischöfen im Namen des Konzils auferlegt wurden.
Durch die Teilnahme an der Heilig-Jahr-Wallfahrt im Jahr 1975 nach Rom kam er in Kontakt mit Erzbischof Lefebvre und besuchte anschließend auch das Seminar von Ecône. Dadurch fasste er den Beschluss, den Novus Ordo nicht mehr zu zelebrieren.
Der obligatorischen Einführung der Neuen Messe im selben Jahr setzte er die päpstliche Bulle „Quo primum“ des hl. Pius V. entgegen – eine prophetische Vorwegnahme der „Feststellung“ Benedikts XVI: „Die alte Messe war nie verboten!“
Im November 1975 besuchte Erzbischof Marcel Lefebvre die französischsprachige kanadische Provinz Quebec. Er zelebrierte die hl. Messe in der Pfarrkirche von Pfarrer Normandin, was der Erzbischof von Montreal nicht ohne Sanktionen ließ. Nach einer langen Auseinandersetzung wurde der tapfere Pfarrer mit Hilfe staatlicher Gerichte aus seiner Pfarrei entfernt. So wurde er in der Öffentlichkeit bekannt, und Gläubige aus ganz Kanada wandten sich an ihn, um der alten heiligen Messe beiwohnen zu können. Neun Jahre lang lebte er in gewisser Weise „auf der Straße“, obwohl das auch die Flugwege einschloss. Jedes „Wochenende“ flog er durch ganz Kanada, um in verschiedenen Städten Kanadas – von West nach Ost sind es 5.500 Kilometer – das hl. Opfer darzubringen. Eine Stewardess von Air Canada sagte ihm einmal: „Sie fliegen mehr Strecken als wir!“ Unter der Woche lebte er de facto in den Greyhound-Überlandbussen, um auch kleinere Messzentren zu besuchen. Einmal in Monat besuchte er ein Priorat der Bruderschaft oder Montreal, um bei dem traditionstreuen Jesuiten Marie-Joseph d’Anjou (1906–1983) zu beichten. Regelmäßig reiste er auch nach Ecône oder nahm an den Weihen im US-amerikanischen Seminar der Bruderschaft in Ridgefield teil.
Drei seiner „Messdiener“ wurden Priester der Bruderschaft: die Patres Jean Violette, Daniel Couture (heute Distriktoberer von Kanada) und André Lemieux.
1984 erließ Johannes Paul II. den ersten „Indult“ für die alte Messe. Pater Normandin ließ sich von seinem Bischof überzeugen, die Indultgemeinde in Montreal zu übernehmen. Dafür wurde allerdings ein Preis gefordert, den Pfarrer Normandin – wie er später sagte, in einem „Akt der Schwäche“ – akzeptierte: Keine Kritik an der Hierarchie und keine Kontakte mehr zur Priesterbruderschaft.
Erst 2006 nahm er die Zusammenarbeit mit der Bruderschaft wieder auf, zuerst als regelmäßiger Beichtvater für die Gläubigen des Priorates der Bruderschaft in Montreal. 2009 siedelte er denn in ein Haus der Bruderschaft über, wo er – bis die Kräfte nachließen – noch unermüdlich seelsorglich tätig war. Als er im Sommer 2020 pflegebedürftig wurde, nahm eine Familie aus der Kapelle in Shawinigan im südlichen Quebec den Priester in ihr Haus auf.
Möge das Beispiel von Pfarrer Normandin andere Priester inspirieren, angesichts der Kirchenkrise zur ungeschmälerten Tradition der Kirche zurückzukehren. Vivat in Christo Jesu!